Das Dessertteller-Modell "Englischglatt" (Modellnummer 631) weist einen durchbrochenen Rand aus gotisierenden Spitzbögen mit Goldstaffierung auf. Das Servicemodell wurde zwischen 1776 und 1781 entwickelt. Wie die Modellbezeichnung nahelegt, folgte die Königliche Porzellanmanufaktur Berlin hierin den damals modernen, von England ausgehenden Stiltendenzen. So war in der Keramik die sog. Queensware (Steingut) von Josiah Wedgwood impuslgebend. In der Servicegestaltung der Berliner Manufaktur hatte noch lange der französisch geprägte Rokokostil vorgeherrscht, da der preußische König, Friedrich II. (reg. 1740-1786), diese Stilrichtung zeitlebens favorisierte. Der Dessertteller ist in der Mischung aus Antikenkult und Neogotik ein Beispiel für einen Geschmackswandel, der sich erst gegen Ende der Regierungszeit Friedrichs II. auch bei den Tafelservicen der Königlichen Porzellanmanufaktur Berlin durchzusetzen begann.
Der Spiegel weist ein rundes Medaillon mit dem Hauptmotiv auf: In Grisaillemalerei ist eine Szene nach Ovids Metamorphosen dargestellt: Niobe mit ihren Kindern, die von den Pfeilen Apolls und Dianas tödlich getroffen werden. Niobe bittet vergeblens darum, ihre jüngste Tochter zu verschonen, während ihr Mann und Vater der Kinder, König Amphion, vom eigenen Schwert durchbohrt, zusammenbricht. Die grafische Vorlage bildete ein Kupferstich von J.B. Simonet nach Ch. Monnet zu Ovids Metamorphosen in einer Ausgabe, die in Paris 1767/71 erschienen ist. Der Kupferstich ist untertitelt mit: "à la prière de Latone, Apollon et Diane font mourir les enfants de Niobe".
Umrahmt wird das runde Bildfeld von einem Goldrand, der von polychrom gemalten Blumen, Lorbeerlaub und einem Purpurband umwunden ist.
Marke: Auf der Unterseite in Unterglasurblau die Zeptermarke sowie Trockenstempel: 13, eingeritzt: 40, grau aufgemalt: 41.
Lit.: Georg Lenz: Berliner Porzellan. Die Manufaktur Friedrichs des Großen 1763-1786, Berlin 1913, Bd. II, Taf. 153, Abb. 722-724 (Vgl.); Erich Köllmann / Margarete Jarchow: Berliner Porzellan, München 1987, S. 155, Abb. Nr. 298 (Vgl.)
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